Wie war das nochmal mit dem Kinder kriegen?

Untiefen staatlicher Biopolitik

Zu Recht wird staatliche Politik wegen ihrer anti-emanzipatorischen Wirkungen kritisiert. Einrichtungen wie Gefängnisse, Gerichte und Abschiebelager sind eben offen repressiv. Aber staatliche Herrschaft verfolgt auch andere – teils erkämpfte, teils weniger erhaltenswerte – Ziele. Ein biopolitisches lautet ungefähr wie folgt:„Die Deutschen sollen gesund sein und sie sollen gesunde Kinder zeugen.“ Erforderlich ist ein sexistischer und nationalistischer gesellschaftlicher Konsens.

Zuerst zum Sexismus: Jede Politik, die die Entscheidung von Menschen, ein Kind zu bekommen, beeinflussen will, ist schon an sich herrschaftsförmig. In anderen Ländern wurde zwangssterilisiert (z.B. Peru), um die Geburtenrate zu senken. In Deutschland wird mit teilweise plakativen, teilweise subtilen Mitteln das Gegenteil versucht. Frauen sollen gebären. Schwangerschaftsabbruch wird diffamiert und erschwert.

Auf der einen Seite werden Frauen vermehrt zu (schlecht bezahlter) Lohnarbeit gedrängt, auf der anderen Seite wird die heterosexuelle Norm der bürgerlichen Kleinfamilie wieder stärker propagiert. Von Frauen wird erwartet, diese Vereinbarkeitsproblematik von Beruf und Kind anstandslos zu meistern. Frauen sollen ihren Körper mit der neuesten Medizintechnik besonders während der Schwangerschaft von oben bis unten durchchecken lassen und leistungsfähig halten. Mit den „neuen Freiheiten“ Pränataldiagnostik und Hormontherapien können Frauen das „Beste“ und „Maximale“ aus sich herausholen – unter dem Deckmantel der Selbstbestimmung.

Nun zum Nationalismus: Das Szenario einer Überalterung der Gesellschaft, das in vielen Farben an alle möglichen Wände gemalt wird, dient in erster Linie der Rechtfertigung von Sozialkürzungen und Arbeitszeitverlängerung. Es geht aber auch um die Erhaltung des „deutschen Volkes“. Dass dies rassistisch motiviert ist, zeigt die Migrationspolitik: Mörderische Grenzen, Sondergesetze für MigrantInnen und Abschiebungen schließen Menschen aus, aber „erfolgreiche Deutsche“ sollen sich vermehren. Doch nicht nur „Vermehrung des Volkes“ ist das Ziel, sondern auch eugenische Auslese: Genetische „Defekte“ sollen frühzeitig erkannt und verhindert werden. Sozial Schwache mit vielen Kindern werden als „asozial“ etikettiert, während Familienministerinnen mit vielen Kindern Anerkennung bekommen.

Biopolitik macht Menschen produktiv, für‘s Volk und für den Standort. Auch so funktioniert staatliche Macht.

Sexismus stoppen + Deutschland zerlegen + selbst entscheiden lassen

Schöner Leben Göttingen


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Erschienen am: 28.05.2008 AutorIn: email-address