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Vortrag: `Je ne suis pas un marxiste` (Marx)

Marxens Kritik der politischen Ökonomie zur Einführung


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Am Mittwoch, dem 02. Mai 2007 haben wir in Göttingen einen Vortrag gehalten zum Thema "`Je ne suis pas un marxiste` (Marx) - Marxens Kritik der politischen Ökonomie zur Einführung". Im Folgenden dokumentieren wir die vier Teile des Referates sowie den Einladungsflyer.

Teil Eins: Einführung

Teil Zwei: Grundkategorien

Teil Drei: Das Kapital als Automatisches Subjekt

Teil Vier: Methode

Hier der Einladungstext für die Veranstaltung:


Mittwoch, 02. Mai 2007, 19.30 Uhr ZHG 003, Uni Campus

Im April 2005 war es mal wieder so weit: nachdem der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering international operierende Anlagefonds als Heuschreckenschwärme bezeichnet hatte, begann die Öffentlichkeit umgehend, über den Kapitalismus zu streiten. Ein wesentlicher Teil dieser „Debatte“ besteht aus einem Austausch von mehr oder weniger differenzierten Vorurteilen über die Kapitalismuskritik von Karl Marx. Auf der einen Seite wird (Müntefering macht ‘s vor) wahlweise die Habgier oder die Inkompetenz von Unternehmen, AktionärInnen oder dem Management angeprangert. Auf der anderen Seite stellen ganz ausgefuchste (wie sie seinerzeit etwa in der Stern-Redakation zu finden waren) fest, dass wir alle der Kapitalismus sind, weil auch die kleinen Leute nichts anderes wollen als die Großen. Als SparerInnen möglichst hohe Zinsen, als KonsumentInnen möglichst geringe Preise und damit geringe Löhne, als KleinaktionärIn möglichst hohe Renditen, etc.. Alle möchten im Spiel mitmischen und versuchen, das Beste für sich rauszuholen. Womit sich für viele dann auch die Kritik am Kapitalismus erledigt hat, gilt er doch mittlerweile nicht nur als die beste aller Welten, sondern auch als die einzig mögliche.

Beide Positionen schaffen es nicht, den Kapitalismus als ein System zu erfassen. Als ein System, das zwar von allen Menschen durch ihr handeln geschaffen wird, sich ihnen gegenüber dann aber verselbständigt. Das dadurch ihr Handeln bestimmten Zwängen unterwirft. Und das damit weder naturhaft ist noch ganz einfach mit dem Austauschen einiger Akteure in den Chefetagen zu beseitigen wäre.

Nicht selten wird Marx in diesem Spiel als Pappkamerad zur Rechtfertigung jeder nur erdenklichen Position aufgebaut. Die einen wollen ihn wieder entdecken, weil sie meinen es würden die Verhältnisse widerkehren, die er vor 150 Jahren beschrieben habe. Für die anderen ist jede grundsätzliche Gesellschaftskritik erledigt, seitdem Marx durch den Zusammenbruch des Ostblocks „widerlegt“ wurde. Die einen wie die anderen bezeugen damit, dass das Niveau der Auseinandersetzung um die Gesellschaftstheorie von Marx sich in der Öffentlichkeit auf einem intellektuellen Tiefstand befindet. Denn Marx ‘ Hauptwerk ‘Das Kapital ‘ ist keine Zustandsbeschreibung aus der Zeit der Industrialisierung. Und er hat hier auch keine positive Perspektive einer nachkapitalistischen Gesellschaft gezeichnet, die mit dem Ende des realexestierenden Sozialismus ihre Untauglichkeit hätte beweisen können. Vielmehr ist „Das Kapital“ ein systematisches Werk. Die Besonderheit dieses Werkes besteht im Gegensatz zu dem, was die Kritik an ihm zu behaupten nicht Müde wird, gerade darin, das hier Mechanismen skizziert werden, die zu Marx Lebzeiten lediglich in Ansätzen und nur an wenigen Orten überhaupt absehbar waren. Nicht die Betrachtung von armen hungernden ArbeiterInnen bildet also den Kern der marxschen Theorie, sondern eine systematische Auseinandersetzung und Kritik mit den Grundlagen der modernen Gesellschaft.

Gegen diesen Trend zur Verflachung der marxschen Theorie möchten wir zeigen, das eine kritische und undogmatische Aneignung von Marx durchaus helfen kann, aktuelle Entwicklungen zu verstehen. Nicht weil die Gesellschaft wieder in den Zustand der Mitte des 19. Ja hrunderts zurückfällt, sondern weil der entwickelte Kapitalismus mit all seinen Absurditäten und Widersprüchen der Gegenstand der marxschen Kritik ist. Welche Überlegungen von Marx für ein Verständnis der Gesellschaft unter den Bedingungen eines global entfalteten Kapitalismus zentral sind, soll Thema dieser Veranstaltung sein.

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