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EM-Fieber und Nebenwirkungen

Für viele „Deutsche“ ist Fußball ein Teil Kultur und der Bundestrainer nach unserer Kanzlerin die wichtigste Person im Staat. Und spätestens seit der letzten WM dürfte den meisten klar sein: der Fußballvirus wird hier zu Lande schnell mal zur Epidemie. Halb so wild? Nach dem Abpfiff ist die Gefahr gebannt? Leider hat der Deutsche Fußball ziemlich unangenehme Risiken und Nebenwirkungen im Schlepptau:

Fußball = Männersache: Fußball ist was für „echte Jungs“. Tore machen und verschwitzt über den Bolzplatz flitzen ist wahnsinnig männlich. Das im Fußballbusiness produzierte Bild von Männlichkeit trieft dabei vor stereotypem Verhalten. Was dazu beiträgt auch unter den Fans ein ausgeprägtes Mackertum zu fördern (was unterschwellig aber auch so oft schon da ist) und darüber hinaus wenig Platz für andere Formen von Männlichkeit lässt. Um das Bild des Top Fußballprofis für Repräsentationszwecke zu komplettieren, passt eben ein „kleines Frauchen“ besser, als ein weiteres „Männchen“. Fußball und Homosexualität verträgt sich genauso schlecht wie Werder Bremen und Bayern.

Frauen im Sport werden zwar meist geduldet, haben aber im öffentlichen Bewusstsein einen viel geringeren Stellenwert. Deshalb verdienen Frauen auch in der Profiliga nur ein Bruchteil so viel wie ihre männlichen Kollegen und auch ihre Spiele und Erfolge werden bei weitem weniger beachtet. Im Fußball setzt sich so die gesellschaftliche Ausgrenzung von Frauen und ihre schlechtere Stellung im kapitalistischen Wirtschaftssystem fort.

Fußball = Volkssport: Deshalb gehört es sich die eigene Mannschaft anzufeuern und zu EM Zeiten mit Flagge und Farbe im Gesicht rum zu laufen. Auch wenn eine_n zu Nicht-EM-Zeiten sonst alle für einen Idioten halten würden. Der plötzlich demonstrativ offen gezeigte Patriotismus markiert dabei eine Kontinuität der rassistischen Tendenzen, die es im Fußball immer gab. Der Antisemitismus und Rassismus der in einigen Fußballclubs gepflegt wird sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Homophobe, rassistische und antisemitische Parolen gehören da für einige ganz selbstverständlich zur Fankultur im Fußballstadium. Auch wenn sich einige Clubs von dieser offensichtlichen Fremdenfeindlichkeit distanzieren, huldigen sie in der Nationalmannschaft doch vor jedem Spiel den nationalen Symbolen (Flagge und Hymne), was zu einer Normalisierung und Rehabilitierung dieser führt.

BG Sowi


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